Michael Beck
Galerist, Kunstsammler, Kurator
Steckbrief:
Name: Michael Beck
Geburtstag: 24.1.1963
Geburtsort: Tegernsee
Wohnorte: Tegernsee und Düsseldorf
Worum geht’s? Kunst aus Leidenschaft
Es hat sich etwas getan im kleinen Olaf Gulbransson Museum. Seit 2020 wurde die Messlatte kontinuierlich höher gehängt: Zuerst Chagall, dann „Von Renoir bis Jawlensky“ über „Hodler, Dix, Kiefer, Cahn und weitere“ bis Gerhard Richter… Und das alles am Tegernsee? Zu verdanken sind diese hochkarätigen Weltkunst-Ausstellungen dem persönlichen Kunstnetzwerk von Michael Beck. Der Galerist, Kunstsammler und Sohn des Post-Expressionisten Herbert Beck, der 1948 gemeinsam mit Olaf Gulbransson und weiteren Künstlern die Tegernseer Kunstausstellung ins Leben rief, ist seit 2020 Vorstandsvorsitzender der Olaf Gulbransson Gesellschaft Tegernsee. Mit seinen Visionen hat er das kleine Museum in eine andere Liga katapultiert. Es steht längst auf Augenhöhe mit dem Franz Marc Museum in Kochel und dem Buchheim Museum in Bernried. Dabei macht er einen Spagat zwischen der Kunstwelt in Paris, London, New York, seiner Galerie in Düsseldorf und dem Tegernsee. Wie geht’s ihm damit?
Herr Beck, stimmt das, in Ihrer Kindheit hing über Ihrem Bett ein echter Chagall?
Ja, eine schwebende Fee.
Was macht das mit einem Kind, das so aufwächst?
Wenn man solche Bilder von der Kindheit an sieht und sie auch erkennt und verinnerlicht, hat man einen wesentlich leichteren Zugang in diese ganz andere Welt der Malerei. Chagall ist ein guter Einstieg, weil er eine wunderbare Bild-Sprache entwickelt hat, die von der einen Welt in die andere führt. Das war für mich ein Türöffner zur Kunst.
Wie hat Ihr Elternhaus Sie geprägt, insbesondere Ihr Vater Herbert Beck?
Meine Eltern führten ein „offenes Haus“, was bedeutet, dass wir viele Gäste hatten. Es wurde sehr viel diskutiert: über Politik, über Musik und insbesondere über die Künste und wie sie unser Leben bereichern. Ich bekam immer große Ohren dabei! Und da mein Vater sein Atelier im Wohnhaus hatte und täglich malte, lebte die ganze Familie mit diesem täglichen Schöpfungsprozess.
Wie wird man Galerist?
Den Beruf des Galeristen an sich gibt es ja gar nicht. Man muss eine Passion für die Kunst haben und sich seinen Weg selbst suchen. Es gibt Künstler oder Industrielle, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben, aber auch Journalisten und Kunsthistoriker, die gesagt haben: Ich möchte Ausstellungen machen und auch Bilder verkaufen.
Sie hätten wie ihr Vater Künstler werden können, haben sich aber anders entschieden…
Ich wäre kein guter Künstler geworden. Ich habe eine Lehre gemacht als Einzelhandelskaufmann im Kunsthandel, da war ich zu der Zeit übrigens der Einzige in ganz Deutschland. Danach habe ich in der Galerie Thomas in München Erfahrungen gesammelt und dann in London Kunstgeschichte mit Abschluss an der Royal Academy studiert. Danach habe ich noch mal zwei Jahre in der Galerie Utermann gearbeitet, bevor ich mich selbständig gemacht habe. Seit Ute Eggeling dazukam, heißt die Galerie: Beck & Eggeling.
Dabei geht es Ihnen als Galerist nicht nur ums Verkaufen von Kunst?
Ausstellungen zu konzipieren war schon immer mein Ding. Wir haben zurzeit eine Ausstellung in der Galerie in Düsseldorf mit dem Titel „In The Blink Of An Eye“. Da geht es um den zeitlichen Augenblick in der Kunst und um 500 Jahre Kunstgeschichte von der Renaissance bis zur Gegenwart mit Gegenüberstellungen von unterschiedlichen Techniken aus verschiedenen Epochen. Es macht mir Spaß solche Dinge zusammenzubringen, auch um zu irritieren und Augen zu öffnen.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie eine Ausstellung planen?
Wenn ich gefragt werde, wie lange ich an einer Ausstellung arbeite, sage ich immer spaßeshalber: 40 Jahre. Tatsächlich kann ich durch die Kontakte, die ich seit 1984 über meine ganze berufliche Laufbahn hinweg aufgebaut habe, die Bilder dieser sehr privaten, fast intimen Ausstellungen zusammentragen.
Sie haben den Vorsitz der Olaf Gulbransson Gesellschaft Tegernsee übernommen und damit das Museum modernisiert und in eine neue Liga katapultiert. Wie ist Ihnen das gelungen?
Wenn man sich bei Olaf Gulbransson nur auf seine Arbeiten als Karikaturist beim Simplizissimus fokussiert, wird man ihm und seinem Werk nicht gerecht. Deshalb war mir wichtig, seine Malerei stärker ins Licht zu rücken – und auch in den Sonderausstellungen Malerei und eben Weltkunst zu zeigen. Mit den Karikaturen war das Museum in einer kleinen Nische verortet. Mit einem Weltstar wie Chagall haben wir ein breites Publikum angesprochen und mit der Ausstellung „Mit Leidenschaft gesammelt“ mit Werken von Renoir bis Jawlensky, Beckmann, Nolde und Gauguin den Sprung vom Impressionismus zum Expressionismus gezeigt. Beide Ausstellungen sind aufgrund meiner Kontakte zu privaten Sammlern entstanden. Ich hatte die Idee zu den Ausstellungen im Kopf und habe in mich hineingeschaut: Wem habe ich welches Bild verkauft, wen kann ich ansprechen, ob er es für ein halbes Jahr dem Museum leihweise zur Verfügung stellt? Wenn das Konzept steht, muss ich es nur noch abarbeiten, damit sind wir viel schneller als andere Museen.
Warum sollte man das Olaf Gulbransson Museum besuchen?
Weil man Weltkunst sehen kann, und zwar in einem ganz intimen Rahmen. Geht man in ein großes Museum wie den Louvre, muss man das Ticket vorher online buchen, steht trotzdem eine halbe Stunde an und geht dann mit tausenden anderen Besuchern an den Bildern vorbei. Wenn man im Olaf Gulbransson Museum hingegen die letzte Öffnungs-Stunde nutzt, hat man quasi die Bilder für sich allein. Auch die Bilder sind intimer, da sie aus Privatbesitz stammen, aus Wohnzimmern und Schlafzimmern, zu ihnen lässt sich eine ganz andere Beziehung aufbauen. Das Gebäude von Architekt Sep Ruf ist denkmalgeschützt und ein wunderschönes Beispiel der Nach-Bauhausarchitektur und der Blick auf den See einmalig. Und natürlich sollte man das Museum besuchen, um die ständige Sammlung der Bilder von Olaf Gulbransson zu entdecken.
Der Wandel vom Schwerpunkt der Karikaturen hin zu den Kunstsammlungen aus Privatbesitz hat den Einzugsbereich wesentlich vergrößert?
Wir haben mittlerweile auch Publikum aus anderen europäischen Ländern, sogar aus den USA, das sehen wir anhand der Fragebögen. Aber ich möchte gern, dass auch die Menschen aus der Region das Museum wahrnehmen. Deshalb haben wir im November einen Tag für die Einheimischen mit freiem Eintritt angeboten, der sehr gut angenommen wurde.
Das Jubiläum im Jahr 2023 war der 150. Geburtstag des Namensgebers des Museum Olaf Gulbransson.
Wir wollen zeigen, dass Olaf Gulbransson weit mehr als der geniale Karikaturist und Zeichner des Simplizissimus gewesen ist. Das waren „nur“ seine Auftragsarbeiten. Es gibt aber im Leben Olaf Gulbranssons eine große Naturverbundenheit und die äußert sich in seiner Liebe zur Malerei. Wenn er frei war, hat er ganz einfach den Hirschberg gemalt. Schnee, der nur durch ein Stück Stacheldraht durchkreuzt ist, oder ein einfaches Scheitel Holz. Das sind Zeugnisse zu seiner Liebe zur Natur, wegen der er aus der Stadt München hinaus auf den Schererhof gezogen ist. Unsere Sonderausstellung wird den Schwerpunkt auf ebendiese Malerei legen und wir werden damit einen anderen Olaf Gulbransson zeigen.
Was bietet das Museum der Jugend?
Wir wollen Kindern und Jugendlichen die Kunst näherbringen, daher ist der Eintritt bis 18 Jahre frei. Für die Kinder gibt es die Bilderjagd. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Eltern können in Ruhe die Ausstellung anschauen und die Kinder sind mit Feuereifer beschäftigt. Im Frühjahr startet ein neues Format mit Kristin Guttenberg, wo wir das Museum über Musik und Bewegung erfahrbar machen. Ein Jazzkonzert macht Ende Mai den Anfang.
Was verbirgt sich hinter dem Format der Face-to-Face Gespräche?
Zuerst einmal haben wir die Face-to-Face Gespräche im Gegensatz zu den Sonntagsvormittags-Matineen auf die Abendstunden des Freitag und Samstag gelegt, damit auch junge, berufstätige Eltern die Möglichkeiten haben, dabei zu sein. In diesem Format werden zwischen Experten und Publikum spannende Kunstthemen mit aktuellem Bezug diskutiert, wie zum Beispiel die Situation der Frau – die der Künstlerinnen Anfang des letzten Jahrhunderts und heute. Oder ein sensibleres Umgehen mit den Themen der Vergangenheit, von Kolonialkunst bis Provenienzforschung. Das Format wird sehr gut angenommen und ist meist ausverkauft.
Sie haben mit den letzten Ausstellungen die Latte hoch gehängt. Und jetzt Gerhard Richter am Tegernsee? Wow!
Nach "Marc Chagall", "Von Renoir bis Jawlensky" und der Sonderausstellung zum 150. Geburtstag von Olaf Gulbransson kam „Hodler, Dix, Kiefer, Cahn und weitere. Der andere Blick“, eine Ausstellung mit Werken aus der Sammlung Michael Haas mit über 500 Jahren Kunst. Jetzt ist es eine echte Sternstunde für das kleine Olaf Gulbransson Museum, einen Maler zu präsentieren, der sich schon zu Lebzeiten in die Kunstgeschichtsbücher eingeschrieben hat. Ich konnte es nicht glauben, dass Thomas Olbricht, Gerhard Richters "Sammler im Plural", der als einziger weltweit das vollständige Editionswerk Richters besitzt, diese Ausstellung zugesagt hat. Wir sind ihm sehr dankbar.
Jemand stiftet dem Museum 500.000 Euro – was würden Sie damit machen?
Wir haben genügend Pläne, das Geld wäre schnell ausgegeben. Als erstes würde ich gern den Platz vor dem Museum pflastern. Dieser Platz mit Blick auf den See ist wunderbar, um Menschen zu begrüßen und dort im Gespräch zu verweilen. Und neben dem Museum würden wir gerne eine Terrasse anlegen, auf der die Besucher des Museums bei einem Kaffee oder Glas Wein gemeinsam mit den Eltern vom Kinderspielplatz sitzen. Dieser Platz wäre ein verbindendes Element und zugleich ein Puffer zum Spielplatz.
Was fehlt der Kunstszene am Tegernsee noch?
Ich denke, mit dem Anspruch, den der Tegernsee einnimmt – beste Restaurants, beste Hotels, beste Freizeitmöglichkeiten – auf kulturellem Gebiet haben wir mit dem Museum im Bereich der Bildenden Kunst die Lücke geschlossen.
Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Ihrer Galerie in Düsseldorf und Ihrem Engagement hier am Tegernsee?
Ich bin viel unterwegs: Am Montag fliege ich nach London zum Besuch der Tate Modern, gerade war ich in Paris auf einer Kunstmesse, sonst arbeite in meiner Galerie in Düsseldorf und dazwischen bin ich hier. Dass ich mein Elternhaus vor sechs Jahren umgebaut habe und von dort den Blick auf den See genießen kann, macht es leichter, meine Arbeit als Galerist zu verbinden mit der Aufgabe im Museum. Ich bin nicht der Mensch, der irgendwo länger als drei Tage verweilen könnte, ohne eine Aufgabe zu haben.
Was würde Ihr Vater zu alldem sagen?
Meine Eltern hätten viel Freude am Olaf Gulbransson Museum und den neuen Ausstellungen. Wahrscheinlich würde mein Vater jeden Tag zwei bis drei Stunden in den Ausstellungsräumen verbringen und mit den Leuten über Kunst reden. Schade, dass er das nicht miterleben kann.
Malen Sie selbst auch?
Wir Kinder haben natürlich, inspiriert und angehalten vom Papa, gemalt. Ich hatte aber nie diesen Drang, malen zu müssen. Die Interpretation und die Vermittlung der Kunst ist mein Ding.
Das Malen ist etwas sehr Intimes, in sich gefasstes…
… und ich bringe es nach außen. Das war bereits zu den Lebzeiten meiner Eltern sehr schön, weil wir Galerieausstellungen mit den Werken meines Vaters von Düsseldorf über New York und Peking organisiert haben. Dabei haben wir uns gut ergänzt. Das war ein schönes miteinander leben, miteinander arbeiten.
Verraten Sie Ihren Lieblingsplatz am Tegernsee?
Das ist das Atelierzimmer meines Vaters mit Blick auf den See, wo ich gerne Gäste empfange. Wir haben dort eine offene Küche und den herrlichen Blick auf den See. Es inspiriert mich sehr, dass mein Vater dort gearbeitet hat und auch seine Bilder hängen da neben anderen meiner Sammlung.
Was empfehlen Sie Gästen, die den Tegernsee besuchen?
Natürlich das Museum zu besuchen und auf jeden Fall auf die Berge zu gehen, auf den Riederstein oder die Neureuth beispielsweise, das ist ein Muss. Und mit dem Ruderboot oder dem „Hecht“ vom Bootsverleih Rixner auf den See hinauszufahren, weil das Tal von dort aus so ganz anders ausschaut.
Ihr Motto: Kunst lässt uns die Welt besser verstehen!
Hier finden Sie die aktuellen Ausstellungen im Olaf Gulbransson Museum Tegernsee.
Zur Seite der Galerie Beck & Eggeling geht’s hier.