Winkler001, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)

Maßschneiderei Winkler

SCHNEIDERMEISTER IN 5. GENERATION

Wer eine typische „Tegernseer Joppe“ tragen möchte, lässt sie bei Winklers in Kreuth fertigen – und das schon seit über 120 Jahren. Mit Elisabeth, Verena und Josef arbeitet mittlerweile die vierte und fünfte Generation von Herrenschneidermeistern Hand in Hand mit Präzision und Freude an der aufwändigen Handarbeit. Wer sie in Kreuth besucht, erlebt keinen abgehobenen Showroom, sondern ist mittendrin in der Maßschneiderei, dort wo mit Nadel und Faden hantiert wird. Das schätzen die Kunden und Kundinnen aus dem In- und Ausland, und lassen sich ein Kleidungsstück fürs Leben auf den Leib schneidern. Zwischen Stoffballen und Schneidertischen sprechen wir über die Qualität und Passform von Maßanfertigungen, über Stoffe und Schnittmuster, das idyllische Bergsteigerdorf und die weite Welt.

Steckbrief:
Name: Elisabeth Winkler-Rottensteiner und ihre Kinder Verena Colin-Rottensteiner (32), Josef Rottensteiner (28)
Standort:  Bergsteigerdorf Kreuth
Worum geht’s? Tradition & Handwerkskunst
Spezialität: Tegernseer Joppe

Was bedeutet in der Familie Winkler das Wort „Heimat“? Und welche Rolle spielt dabei die Tracht?

Wir sagen: In der Welt zu Hause, in Bayern daheim. Und da gehört das G‘wand dazu. Dabei spielt auch ein gewisser Stolz auf die Heimat und auf die Traditionen mit, und zugleich die Offenheit für anderes, Neues. Mit dem G‘wand ist man immer gut angezogen und fühlt sich gleich noch mehr daheim. Das schätzen auch unsere Kunden, die beispielsweise in England auf die Jagd gehen und dabei ihre bayerische Joppe tragen. Da steht dann nicht nur die geografische Herkunft dahinter, sondern die Tradition.

Mit der Tracht ist man also immer gut angezogen?

So ist es. Auf sein Äußeres Wert zu legen und gut angezogen zu sein, ist auch eine Wertschätzung den anderen gegenüber. Die Tracht wird, beispielsweise in Salzburg bei den Festspielen, mit einem guten Anzug gleichgesetzt. Josef reist viel auf der ganzen Welt herum, im Winter ist sein Reisemantel ein sogenannter „Holzhackermantel“. Dass dieser robuste Kurzmantel ein besonderes Stück ist, wird wahrgenommen. Er wurde sogar schon in New York darauf angesprochen. Er sagt, wenn ich ihn trage, fühle ich mich daheim, egal, wo ich auf der Welt bin.

Die Maßschneiderei Winkler ist seit 1903 ein Familienbetrieb – mittlerweile in der 5. Generation. Wie ist das für euch? Elisabeth, du führst das Unternehmen…

Es ist nie eine Generation gezwungen worden, Schneider zu werden. Mein Vater hat als junger Bursche immer an Autos herumgebastelt, da haben alle gedacht, er wird Automechaniker. Und dann ist er in die letzte Schulklasse gekommen und hat gesagt: Ich werde Schneider! Bis vor vier Jahren hat er noch gelegentlich im Atelier mitgearbeitet. Ich habe meinen absoluten Traumberuf und habe es nie bereut. Verena und Josef sind hineingewachsen in das Herrenschneiderhandwerk. Sie haben auch verschiedene andere Praktika ausprobiert, aber es war doch klar, sie machen hier weiter.

Verena, was meinst du dazu?

Wenn man selbst mit den Händen etwas macht, das hat eine ganz andere Zufriedenheit. Man sieht ein Ergebnis. Als ich als Maßschneiderin in Paris an der Oper gearbeitet habe, habe ich am Ende die Stücke auf der Bühne gesehen. Hier sind wir glücklich, wenn unsere Kunden zufrieden sind und sagen: „Das ist wie eine zweite Haut, das passt so gut. Das ist das Lieblingsstück!“ Meine kleine Tochter Astrid ist jetzt als Baby schon mit im Atelier dabei, wie auch wir von klein an dabei waren und hineingewachsen sind. Wer weiß, vielleicht führt Astrid die Maßschneiderei einmal in der sechsten Generation weiter?

Josef, was bedeutet es für dich, im Familienbetrieb zu arbeiten?

Wenn man im Sommer beispielsweise auf einem der Waldfeste ist, und sieht: Die Joppe habe ich gemacht! …das ist einfach ein zufriedenes Gefühl. Am Anfang war ich immer verwundert, wie die Mama eine Winkler-Joppe aus der Ferne erkennt, aber man entwickelt einen Blick dafür. Natürlich könnte man auch sagen, wir sind hier „hinten“ in Kreuth die Dorfschneider, so kurz vor der Grenze zu Österreich, aber zu uns kommt eben die Welt heraus…

Was wird noch so gemacht wie damals, was hat sich verändert?

Warum sollte man an unserer Arbeitsweise viel verändern?  Das meiste hat sich bewährt! Wir haben eine uralte, halbautomatische englische Knopflochmaschine, die uns zum Beispiel bei schweren Mänteln eine große Unterstützung ist. Bei einem Sakko nähen wir die Knopflöcher von Hand, weil die Verarbeitung noch hochwertiger ist. Verena arbeitet immer wieder in der Herrenabteilung der Pariser Oper für Solisten und Chor. In diesem internationalen Schneideralteier auf hohem Niveau sieht man immer mal wieder etwas, das einfacher geht, das fließt dann zu Hause ein. Natürlich nur mit Rücksprache der Chefin und Josef, und wenn es unserer Philosophie entspricht. Allerdings hat sich in der Stoffauswahl etwas verändert. Wir sind Stoffen gegenüber offener als vielleicht noch der Opa. Jetzt verwenden wir neben Loden als klassischem Joppenstoff auch viele leichtere und feinere Stoffe.

Früher hatte man im Winter dicke, schwere Wollmäntel oder Umhänge, heute trägt jeder stattdessen eine Daunenjacke…

Und da ändert sich gerade etwas! Da kommen einige zurück, die genug von den Daunensteppjacken haben und sagen: Ich möchte meinen Lodenmantel wieder, weil er aus Naturmaterial ist. Die Formen haben sich natürlich verändert, heute machen wir die Lodenmäntel schlanker. Besonders die Jäger schätzen Loden, weil er dicht gegen Wind und Nässe ist und nicht raschelt. Wolle nimmt viel Feuchtigkeit auf und gibt auch Feuchtigkeit ab. Das ist das ideale Material.

Zwei Generationen von Schneidermeistern arbeiten gemeinsam im Atelier: Wie funktioniert die Zusammenarbeit für euch, Verena und Josef?

Die funktioniert definitiv sehr gut! Jeder hat sein Spezialgebiet, daher ergänzen wir uns. Wir haben beide daheim gelernt, weil unsere Mama uns natürlich alles beigebracht hat. Sie ist zugleich Chefin, Mentorin und das große Vorbild. Man strengt sich mehr an, damit die Mama zufrieden ist. Und noch ein Vorteil: Im eigenen Familienbetrieb bekommt man die Familiengeheimnisse im Handwerk weitergegeben. Nachdem sie uns alles beigebracht hatte, meinte sie, jetzt müssten wir mal woanders hin gehen. Auch der Opa hatte außerhalb Kreuths Erfahrungen gesammelt, bei Max Dietl in München, das war damals das erste Haus am Platz.

Und was sagt die Mama zur Zusammenarbeit?

Ich habe einen großen Respekt vor meinem Vater gehabt. Mit zunehmender Dauer der Zusammenarbeit ist auch sein Respekt vor mir gewachsen. Wenn man sich gegenseitig respektiert, kann man gut zusammenarbeiten. Man weiß, Wissen und Können bleiben in der Familie und Blut ist eben doch dicker als Wasser. In einem Familienbetrieb wird man auch nicht als billige Arbeitskraft ausgenutzt, das wäre kontraproduktiv. Und ich habe gewusst, die Kinder ziehen nach drei Jahren Ausbildung nicht weiter, sie unterstützen mich auch danach. Mit dem Grundstock von daheim haben sie noch viel dazugelernt und sind zurückgekommen.

Verena und Josef, ihr habt beide in London gearbeitet und Verena arbeitet immer mal wieder in Paris?

Durch einen glücklichen Zufall kamen wir in Londons berühmter Schneiderstraße Savile Row zu einem Herrenmaßschneiderbetrieb, der auch für Prinz Philipp gearbeitet hat: Kent, Hast & Lachter. Als sie ein Stück von uns sahen, sagten sie: Bei dieser Verarbeitung – da könnt ihr sofort bei uns anfangen! Die deutsche Herrenschneiderausbildung ist in anderen europäischen Ländern generell hoch angesehen. In dem Fall ist der deutsche Perfektionismus förderlich. In Paris an der Oper kann jeder in der Verarbeitung arbeiten, die er gelernt hat, teils sind dort 30 Schneider. Verena arbeitet dort immer wieder projektbezogen mit, und dann wieder zu Hause im Familienbetrieb. 

Zu Hause, das ist Kreuth. Und im Sommer ist Kreuth für seine Waldfeste berühmt. Was trägt „Mann“ dann?

Eine Lederhose mit Hosenträgern von Karl Stecher, ein Erhardt-Hemd, eine Weste, gescheite Strümpfe und Haferlschuh. Und natürlich eine Joppe von uns!

… und zwar nicht irgendeine Joppe! Wer eine „Tegernseer Joppe“ tragen möchte, geht seit Generationen zu den Winklers. Was für eine Joppe ist das und was ist das Besondere daran?

Die Tegernseer Joppe verdanken wir Herzog Ludwig Wilhelm in Bayern, der so etwas in der Steiermark gesehen hatte. Der Enkel des berühmten "Zither Maxl" hatte eine künstlerisch begabte Frau, die Entwurfsskizzen nach der steierischen Joppe zeichnete. Der Herzog kam damit zu unserem Vorfahren Josef Winkler, dem Gründer der Maßschneiderei im Jahr 1903, und ließ solche Joppen für seine Jäger und Angestellten schneidern. Bald fanden seine adeligen Verwandten und Freunde Gefallen daran und auch die Leute aus dem Tegernseer Tal. So wurde die sogenannte Tegernseer Joppe ein fester Bestandteil unserer oberbayrischen Tracht. Damen wie Herren sind damit immer gut gekleidet.

Wie sieht die Tegernseer Joppe aus?

Die typische Tegernseer Joppe hat die offene Kellerfalte am Rücken. Die Falte dient der Bewegungsfreiheit und soll sich nicht öffnen, also nicht auseinanderklaffen. Außerdem gibt es die Variante mit einem Riegel am Rücken. Sie ist etwas taillierter und figurbetonter geschnitten und man kann sie gut etwas länger tragen. Beide sind gleich typisch und traditionell. Es gibt die Joppe auch zweireihig oder mit Revers, aber die meisten tragen die „typische Tegernseer Joppe“ mit der Rückenfalte. Dann gibt es noch eine Variante als Gehrock. Wenn man etwas Längeres mag, ist man damit zur Hose oder auch als Frau zum Rock immer gut angezogen.

Wann wird die Tegernseer Joppe getragen? Wie wird sie kombiniert?

Man kann alles dazu kombinieren. Der Opa hätte früher die Nase gerümpft, aber heute kann man die Joppe auch zur Jeans tragen, zur Flanellhose, zur Lederhose sowieso. Nur zur Jogginghose nicht, hoffentlich!

Wie fühlt es sich an, eine solche Joppe zu tragen?

Man sagt nicht ohne Grund: Kleider machen Leute. Wir haben Kunden, die von der Figur her auch von der Stange kaufen könnten. Aber selbst die sagen, dass es ein komplett anderes Gefühl ist, eine maßgeschneiderte Jacke zu tragen.

Wer sind eure Kunden?

Unser Kundenstamm ist bunt gemischt. Darunter sind Geschäftsmänner, Adelige und auch die Handwerker aus dem Dorf, die vielleicht nicht unbedingt ein Riesenbudget haben, aber die es schätzen, eine Joppe oder einen Anzug von uns zu tragen. Vor allem ist schön, dass auch die nächste Generation kommt. Manchmal sagen die Väter: Mein Sohn ist jetzt fünfundzwanzig, er bekommt die erste Winklerjoppe. Und der Sohn kommt dann mit Mitte vierzig wieder und sagt, ich habe die Joppe zwanzig Jahre getragen, jetzt brauche ich mal eine andere. Je nachdem, wo die Leute leben, wollen sie vielleicht etwas weniger „trachtlerisches“ und greifen zu anderen Stoffen und Farben. Das ist das schöne bei der Tegernseer Joppe: Man kann sehr individuell variieren.

Die vielfältigen Möglichkeiten schätzt auch Verenas Mann, ein gebürtiger Franzose…

Wir haben im Trachtenanzug geheiratet, er hat einen englischen Stoff in dunkelgrau gewählt. Den Anzug trägt er auch bei Festivitäten in Frankreich und ist damit immer gut angezogen, ohne dass es auf den ersten Blick wie ein bayerischer Trachtenanzug aussieht. Angefangen mit der Farbe der Paspolierung kann man sehr variieren. Es will ja nicht jeder grün paspoliert wie ein Jäger herumlaufen, man kann das auch dezent halten oder in komplett anderen Farben.

Was genau ist eine Paspolierung?

Die Paspol ist der schmale Stoffstreifen in der Kontrastfarbe, er kann aber auch gleichfarbig sein. Paspoliert wird rundum, an den Taschen und auch die Knopflöcher – die Paspolfarbe ändert alles. Es ist erstaunlich, wie die Jacken mit einer unterschiedlichen Paspolierung wirken. Das kann auch ein auffälliges Gelb sein, das einen frischen Kontrast bildet.

Hat sich die Tegernseer Joppe über die Generationen verändert?

Vom Schnitt her sind wir heute vielleicht ein bisschen schmaler, aber der Grundschnitt ist gleichgeblieben. Es ist uns wichtig, dass wir dem treu bleiben. Natürlich gehen wir ein Stück weit mit dem Zeitgeist. Aber wir machen das immer mit Maß und Ziel und bleiben unserem Stil treu.

Auf eurer Webseite steht: „Bei uns empfangen Sie die Schneider auf dem Tisch“. Stelle ich mir das vor wie beim Märchen vom Tapferen Schneiderlein?

Damenschneider sitzen zumeist an der Nähmaschine. Wir Herrenschneider haben es mit schwereren Stoffen und größeren Größen zu tun, besonders, wenn wir Mäntel und Umhänge nähen. Da braucht man mehr Bewegungsfreiheit beim Nähen und Heften mit der Hand. Und darum sitzt der Herrenschneider auf dem Tisch. Aber nicht im Schneidersitz, das wäre unbequem. Man muss aufrecht sitzen und auf den Rücken achten. Auf dem Stuhl sitzen wir grundsätzlich nur, wenn wir mit der Nähmaschine nähen.

Die Kunden kommen direkt zu euch in die Werkstatt?

Die Werkstatt ist unser Showroom und das finden die Kunden spannend. Hier entsteht alles und hier sind auch die Anproben. Im Anprobezimmer ist sogar ein Teil unseres Stofflagers. Stoffe sind die Leidenschaft unserer Familie, wir haben immer schon gern Stoffe gekauft. Wenn wir einem Kunden statt eines kleinen Stoffmusters den ganzen Ballen zeigen und den Stoff umlegen können, ist das viel aussagekräftiger. Wenn ein Stoff gefällt, heißt das noch nicht, dass er dem Kunden auch steht. Das kann man erst richtig einschätzen, wenn man den Stoff großflächig am Körper sieht.

Beim Erstbesuch wird Maß genommen. Verena, du erstellst die Schnittmuster auf eine besondere Art. Wie?

Da haben wir ein spezielles Lenassi System, das der Opa noch verfeinert hat. Die Maße werden 3-D genommen, und zwar von Hand mit der Wasserwaage. Anhand der vielen Maße, die dabei erfasst werden, sieht man genau die jeweilige Figur. So wie ein Schuster die Leisten seiner Kunden lagert, heben wir alle Schnitte auf. Da kann man Schnittveränderungen dazuschreiben, wenn sich die Figur verändert. Und man hat den Schnitt gleich da, wenn jemand eine zweite Jacke bestellt.

Wenn man eine Tegernseer Joppe in Auftrag gibt – wie lange dauert es, bis sie fertig ist?

Wenn ein Kunde Stoff und Modell ausgesucht hat und Maß genommen wurde, kommt die längste Wartezeit. Es dauert zunächst auftragsbedingt acht bis zehn Monate, bis wir anfangen können. Aber dann geht es schnell. Nach etwa zehn Stunden Arbeitszeit machen wir zeitnah die erste sogenannte Roh-Anprobe und die zweite Anprobe kurz darauf. An reiner Arbeitszeit dauert eine Joppe einundvierzig Stunden, ein Sakko 50 Stunden.

Was macht die Maßschneiderei so aufwändig?

Es steckt immens viel Handarbeit drin – vom Maß nehmen bis zu den Knopflöchern. Dann kommt es auch auf die Taschen an. Pattentaschen sind am aufwändigsten. Bei der Erstanprobe sieht das Ganze noch etwas chaotisch aus mit den vielen Heftfäden, mit denen wir die unterschiedlichen Lagen zusammennähen. Wenn wir da die Form nicht richtig drin haben, passt’s auch später nicht. Das ist daher das wesentliche Ziel der ersten Anprobe. Erst dann kommt der ganze Part mit Paspolierung, Taschenverarbeitung und Futter – alles per Hand. Bei der zweiten Anprobe werden die Schultern perfekt angepasst. Darauf folgt der Feinschliff, das Einnähen der Ärmel und der Kragen, das ist auch alles noch mal sehr komplex.

Was ist bei der Herrenschneiderei anders als bei der Damenschneiderei?

Der Herrenschneider macht wenig Abnäher, er „dressiert“ stattdessen. Das bedeutet, die Form kommt am Bügeltisch mit Dampf durch Zug und Einhalten zustande, nicht durch Abnäher. Außerdem benutzen wir einen Plaque aus Rosshaar, in den die Abnäher eingearbeitet werden. Durch die Bügeldressur bleibt die Form. Durch Pikieren werden die zwei Lagen – Wollwattierung und Plaque –miteinander verbunden. Bei den Jacken von der Stange hängt das Innenfutter lose innen herum und reißt bald aus, das gibt es bei uns nicht. Alles ist unsichtbar und dauerhaft von Hand fixiert.

Was können die Kunden und Kundinnen im Maßatelier Winkler alles anfertigen lassen?

Die Tegernseer Joppen sind unsere Spezialität und werden am häufigsten in Auftrag gegeben – von Herren wie Damen. Wir machen außerdem klassische, dreiteilige Herrenanzüge und Damenkostüme sowie Herren- und Damenmäntel. Die Maßanfertigungen für Damen erfolgen immer in der Art der Herrenverarbeitung.

Kleider machen Leute. Kürzlich hat der bekannteste Modekritiker der Welt, Derek Guy, die Stilsicherheit deutscher Politiker unter die Lupe genommen. Heraus kam, dass sie zwar oft Markenanzüge tragen, aber die Passform nicht stimmt…

Man spart mit Konfektionsware oft an der falschen Stelle. Selbst teure Markenware passt deshalb noch lange nicht wie maßgeschneidert. Daher würde es sich – abgesehen vom Tragekomfort – immer lohnen, sich etwas auf den Leib schneidern zu lassen.

Wenn man bedenkt, wie viele Sakkos man im Leben verschleißt, weil sie nicht mehr modisch sind oder nicht mehr passen – hätte man nicht schnell eine maßgeschneiderte Jacke zusammengespart?

Wir hören das oft: „Noch nie hat mir zuvor eine Hose oder ein Sakko so gut gepasst!“ Es ist zwar teuer, aber es lohnt sich auf lange Sicht. Es ist auch kein Wunder: Wenn beispielsweise ein schlanker Mann mit breiten Schultern etwas von der Stange kauft, klemmt es an den Schultern und schlackert unten – es ist unmöglich, eine gute Passform zu finden. So jemand ist dann ganz begeistert, wenn er seinen ersten Maßanzug trägt. Und außerdem sind unsere Schnitte klassisch zeitlos.

Bei richtiger Pflege halten die maßgeschneiderten Kleidungsstücke bis zu dreißig Jahre – wenn sich aber die Figur unterdessen verändert?

Bei der Maßkleidung ist immer eine sogenannte „Reserve“ drin. Das sind Einschläge, die man herauslassen kann. Wir nehmen Änderungen vor, aber nur von „Winkler“-Maßanfertigungen. Da wissen wir, wie es verarbeitet ist, denn an der Verarbeitung hat sich in den letzten hundert Jahren nur wenig verändert. Manchmal kommen die Jungen mit einem Stück von den Großeltern. Sie lassen das auf sich abändern und oft bestellen sie dann noch eine neue Jacke.

Bei solch hochwertiger und aufwändiger Handarbeit kommen selbstverständlich auch nur beste Materialien zum Einsatz. Welche sind das?

Hochwertige Wollstoffe, Leinen, aber auch Kaschmirstoffe – aus Österreich und Tirschenreuth, dort gibt es noch Lodenwebereien, und viele klassische Stoffe aus England, hin und wieder Leinenstoffe aus Irland. Wir haben hier noch etwas Besonderes: Wollstoffe vom aus Rottach stammenden Handweber Christoph Erhardt. Er hat sie am Handwebstuhl aus Wolle von heimischen Schafen gewebt, die speziell geschoren werden, damit das Walken gut klappt. Das sind schöne Joppen- Mantelstoffe in tollen Melangen. So ein kleines regionales Projekt macht uns Freude.

Verratet ihr noch eure Lieblingsplätze am Tegernsee?

Wir haben Glück mit dem Bergsteigerdorf-Siegel – wir sind hier auf der ruhigen Seite des Tegernseer Tales, gemessen an der Geschäftigkeit der anderen Orte. Wir gehen hier gern die Wasserfallrunde, da schaut man auf Kreuth herunter. Das ist so beschaulich, einfach schön. Josef geht gern in der Mittagspause an der Weißach entlang. Der Fluss verläuft parallel zur Straße und ist dennoch ruhig und idyllisch, besonders im Winter mit den verschneiten Bäumen.

Welche Freizeittipps habt ihr für eure Kunden „von Auswärts“ am Tegernsee?

Das Bräustüberl ist immer ein guter Anlaufpunkt. Und wenn Pierre, der Schwiegersohn, mit seinen Freunden aus Paris kommt, dann empfehlen wir ihnen immer, auf Gut Kaltenbrunn eine Pause einzulegen, bevor sie nach Kreuth fahren. Dann haben sie das Tal vor sich und sind schon im siebten Himmel. Auch immer schön: der Riederstein und der Wallberg und wenn man gut zu Fuß ist auch der Leonhardstein.

Gibt es ein Familienmotto, dem ihr folgt?

Den Wurzeln treu, aber trotzdem nicht stehenbleiben! Und dabei den Weitblick behalten. Das ist unser Motto. In der Faschingszeitung hat auch mal etwas Lustiges gestanden: „Von Winkler bekleidet – von allen beneidet.“ Wir schneiden nicht auf, aber wir freuen uns, dass man „Winkler“ erkennt. Das ist viel mehr wert als ein Markenlabel. Denn da stecken Tradition, kulturelle Werte und Handarbeit dahinter. Ansonsten ist uns Bescheidenheit wichtig. Das war immer das Motto vom Opa: So klein wie möglich, aber trotzdem wer sein. Daher schätzen auch viele unserer Kunden, dass wir keinen Showroom haben. Sie wissen, sie bezahlen nicht den Showroom, sondern die ehrliche Arbeit.

Hier geht es zur Webseite der Maßschneiderei Winkler in Kreuth.

Impressionen

Winkler02, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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© Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)

Winkler30, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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Winkler68, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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Winkler65, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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Winkler08, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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Winkler35, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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Winkler15, © Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)
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© Der Tegernsee (Thomas Plettenberg)