Wildbad Kreuth
Hans Reiffenstuel aus Egern, der herrschaftliche Badmeister im von Abt Heinrich V. von Tegernsee 1511 errichteten Badhaus, erfreute sich beim Volk großer Beliebtheit. Er stand den Kranken bei und belehrte sie über den Kurgebrauch, er empfing fremde Gäste und betreute und bewirtete sie während ihres Aufenthalts. Er war Badekommissär, Restaurateur, Doktor, Wundarzt und Apotheker, Kräutersammler und Ökonom, alles in einer Person.
Bis zur Säkularisation befand sich das Bad im Besitz des Klosters Tegernsee. 1803 wurde es vom Kreuther Landwirt Simon Zahler erworben. König Max I. Joseph von Bayern kaufte Simon Zahlers Nachkommen 1817 den ganzen Komplex für 16.000 Gulden ab und ließ 1818 den langgestreckten, zweiflügeligen Badbau sowie sämtliche Nebengebäude errichten, wodurch komfortable Eleganz, Ordnung und Reinlichkeit geschaffen wurden. Neben der herrlichen Gebirgslandschaft waren in erster Linie die Schwefelquellen für die Erbauung des neuen Bads ausschlaggebend. Schließlich haben die Mineralquellen heilkräftige Wirkung bei Krankheiten, wie Gicht, Rheumatismus und Leberleiden. Bereits 1822 führte man nach Schweizer Vorbild die Molkekur ein, die in der Molkehalle nach ärztlicher Vorschrift getrunken wurde. Dazu wurden Alpenkräutersäfte gereicht, die vielseitige Heilwirkungen erzielten. Mit 216 Betten in 115 Zimmern und über 70 Wannen konnte sich Wildbad Kreuth mit den großen europäischen Bädern messen. Mit König Max I. Joseph kam die große Ära der Wittelsbacher aus Tegernsee in den stillen Kreuther Winkel. Die Großen der Welt, darunter Kaiser Franz von Österreich und die russischen Zaren Nikolaus I. und Alexander I., zogen mit reichem Gefolge ein und verliehen dem Wildbad seinen internationalen Ruf. Zudem wurde von Max I. Joseph eine Stiftung im Wert von 50.000 Gulden geschaffen, die es „Minderbemittelten“ erlaubte, die Bäder und Kuren unentgeltlich zu nutzen. Als Dank für seine Wohltaten wurde 1828 nahe des sogenannten Alten Bades das Königsdenkmal errichtet, welches die Büste Max I. Josephs über einem Relief zeigt, an dem Kranke Heilung suchen.
Das Alte Bad gleicht einem Tegernseer Bauernhaus. Heute befindet sich dort ein Restaurant. In der angebauten Kapelle zum Heiligen Kreuz kann ein Kruzifix mit freischwebenden Engeln, die das Blut Christi auffangen, bewundert werden. Sehenswert sind auch die Figuren der Heiligen Jungfrau, des Heiligen Johannes und der Heiligen Magdalena sowie ein wertvolles niederländisches Holzrelief aus der Zeit Albrecht Dürers, das die Auferstehung Christi dar stellt. In der Kapelle ist eine reich verzierte, barocke Heilige Lanze zu sehen. Als der König am 12. Oktober 1825 in Schloss Nymphenburg starb, übernahmen seine Witwe Karoline die Förderung von Wildbad Kreuth.
Nach dem Tod der Witwe des Königs führte Prinz Karl von Bayern dieses mit gleicher Großzügigkeit wie sein Vater weiter, bis er am 15. August 1875 vom Pferd stürzte und starb. Auch unter seinem Neffen und Erben Herzog Carl Theodor, einem bekannten Augenarzt (Doctormedicinae) und gefragtem Staroperateur, blieb die erlesene Heil-, Rast- und Erholungsstätte für Reich und Arm bestehen. Am 30. November 1909 starb der Herzog in Wildbad Kreuth.
Nach dem Tod der Herzogin Marie José im Jahre 1943 übernahm ihr Sohn Herzog Ludwig Wilhelm die Nachfolge. In der Nacht vom 4. auf 5. Mai 1945 schossen die Amerikaner das herzogliche Sudhaus nach einem SS-Angriff in Brand. Herzog Ludwig Wilhelm konnte 1956/57 das Wildbad renovieren und zu einem erstrangigen Sanatorium umgestalten. Max Emanuel, Herzog in Bayern, schloss Sanatorium und Kurhaus 1973. Nach dem Ende des über 400-jährigen Wildbads flossen zunächst die geistigen Quellen. 1975 eröffnete die Hanns-Seidel-Stiftung das Bildungszentrum Wildbad Kreuth, um interessierten Bürgern politisch wissenschaftliche Bildung zu vermitteln. Berühmt wurden die jährlichen Klausurtagungen der CSU und die klassischen Konzerte des Internationalen Musikfests Kreuth am Tegernsee, das 1990 gegründet wurde. Seit 2016 ruht der Betrieb in Wildbad Kreuth, während neue Nutzungspläne entwickelt werden. Das Musikfest hat im Tegernseer Tal an unterschiedlichen Spielstätten eine neue Heimat gefunden und feiert 2019 sein 30-jähriges Bestehen.
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