Erich Kogler
In Allen Genres zu Hause
Vollblutmusiker, Kabarettist, Musikschulleiter
Steckbrief:
Name: Erich Kogler
Geburtstag: 14.11.1971
Geburtsort: Tegernsee
Wohnort: Hausham
Worum geht’s? Musik
Angefangen hat alles mit der Blockflöte und der Steirischen. Dann Kontrabass und Heavy Metal. Passt das zusammen? Passt. Mit dem bayerischen Musikurgestein Roland Hefter spielt er in der Band „Isarrider“. Hat die Schwabinger Szene mit den „Trouble Boys“ aufgemischt, spielte mit bei, „Ciao Weiß Blau“, gehört zu „Saitentanz“ und ist einer von „Dos Hombres“. Mit seinem Soloprogramm als Liedermacher ist er inzwischen Preisträger des „Sendlinger Haferlschuh“. Man kennt ihn auch aus dem Film „Lord und Schlumpfi“ oder Videos wie „Mausi, heid sauf i di schee“. Und – nicht zuletzt – ist Erich Kogler seit 2014 der Leiter der Musikschule Tegernseer Tal, die heuer ihr 50-jähriges Jubiläum feiert. Und das ist noch immer bloß ein kurzer Auszug einer langen Liste. Tausendsassa also. Wie packt er das?
Erich, dein Genre reicht von … bis?
Wirklich alles. Mir fällt gerade nichts ein, das ich noch nicht gespielt habe.
Angefangen hat alles mit „The Hammers“ auf dem Gymnasium Miesbach?
Vorher war ich auf der Musikschule Hausham. Damals musste ich mit der Blockflöte beginnen. Das Instrument, das zu Unrecht immer belächelt wird, ich habe es trotzdem gehasst. Ich wollte Steirische spielen! Und tatsächlich habe ich zunächst ein Jahr Blockflöte gelernt, bevor ich endlich an die Tasten durfte.
Und wie ging es weiter?
Mein musikalischer Horizont war damals die Volksmusik. Bis meine Tante, die kulturell und musikalisch interessiert war, mir eine Beatles-Platte gab und mich mit völlig neuer Musik infiltrierte: Mit Rock’n’Roll! Sie hat mich dann auch auf ein Konzert vom Zither-Manä mitgenommen, damals schon eine Legende als Rockmusiker auf der Zither. Kurz darauf hat die Spider Murphy Gang in Miesbach in der Tennishalle gespielt, ohne Schmarrn! Ich war begeistert: Man kann ja auch laut Musik machen. Und es gibt noch etwas anderes neben der Volksmusik.
Und dann „The Hammers“?
Dann bekamen wir in der siebten Klasse am Gymnasium Hennes Hering als Lehrer. Der hat alles anders gemacht, als ich es zuvor vom Musikunterricht kannte. Auf einmal standen ein Schlagzeug und eine E-Gitarre im Musikzimmer. Wir waren so aufgeregt, dass wir sofort beschlossen, eine Band zu gründen. Der Musiklehrer fand das auch cool: „Ihr wollt ne Band gründen, dann müsst ihr das schon selbst machen.“ Er gab uns einfach den Schlüssel zum Musikzimmer. Ruckzuck waren die Instrumente vergeben, nur der Bass war noch frei. Deshalb bin ich Bassist von „The Hammers“ geworden. Ein paar Jahre später fehlte ein Kontrabassist beim Schulorchester. Hennes Hering kam zu mir – ich konnte ja bloß auf dem E-Bass schrammeln – und sagte: „du weisst es zwar noch nicht, aber du kannst das!“
Wie passt Kontrabass mit Heavy Metal zusammen?
Gar nicht. Aber ich wollte einfach Musik machen. Egal, was. Also am liebsten alles. Gespielt habe ich dann ein paar Jahre unter der Woche Klassik, am Samstag Hardrock und sonntags Volksmusik. Die letzten dreißig Jahre habe ich bis auf einen Auftritt immer geschafft, dass ich auf der Bühne das richtige Outfit anhatte und das richtige Instrument dabei.
Welche Instrumente spielst du heute?
Mit dem Kontrabass kam ich damals zur Klassik. Da wurde ernsthaft geprobt, schließlich ging es mit dem Münchner Jugendorchester nach Amerika. Im Studium der Musikpädagogik bei Kontrabassist Holger Herrmann von der Münchener Philharmonie habe ich mich entschieden, Kontrabass als Hauptfach weiter zu studieren. Die Instrumente, die ich richtig beherrsche, sind: Steirische, Gitarre, E-Bass, Kontrabass und Klavier.
Vieles hast du dir selbst beigebracht…
Wir hatten einen klaren Vorteil: Weil keiner wusste, wie es geht, haben wir alles ausprobiert. Wir haben schon Heavy Metal gemacht, als wir noch gar nicht wussten, dass das Heavy Metal ist. Das ist im Landkreis erst langsam angekommen, deshalb hatten wir viele Auftrittsmöglichkeiten. Es gab keine Noten, kein Youtube, nichts. Wir haben stundenlang vor einer Iron Maiden oder Deep Purple Platte gehockt und versucht, die Töne rauszuhören, bis die Platte völlig abgenudelt war. Indem wir uns alles selbst beibringen mussten, hatten wir einen ungeheuren Lerndrang.
Musik war also nicht leicht zugänglich und auch eine Art Rebellion – war das der Anreiz?
Wenn du in die Pubertät kommst, willst du mit den Mädels anbandeln. Wir haben im Sport nichts gerissen. Wir haben auch nicht besonders gut ausgeschaut, wir hatten kein Alleinstellungsmerkmal und plötzlich – BÄM – Musik! Heavy Metal war dann allerdings für diese Zwecke die falsche Musik, das haben wir aber erst später gespannt.
Was hat sich verändert von damals zu heute?
Heute ist das Angebot zwar wesentlich größer, aber auch die Gefahr, sich zu verzetteln. Es gibt Musiklehrer, die dir was beibringen, es gibt YouTube-Videos, Tabs im Internet, Noten sind überall zugänglich. Es ist für die Kids aber nicht mehr so lässig, musikalisch zu rebellieren, die Eltern kennen schon alles. Mit dem Überangebot wird es unübersichtlich. Heute ist auch viel wichtiger, dass alles cool ist. Das hemmt den Lerndrang. Zugleich sind die Zeiten hektischer geworden.
Wie können sich die Jugendlichen heute motivieren?
Wichtig ist, eine Band oder Gruppe zu haben und damit auch ein Ziel. Es macht selten Sinn, beispielsweise Bass nur einfach so zu lernen.
Einer der wichtigsten Momente in deiner Musiklaufbahn?
Als Elfjähriger durfte ich mit dem Zither Manä nach München zu seinem Konzert mitfahren und ihm helfen, die Zither zu tragen. Da hat er allen erzählt, ich wäre sein Techniker. Ich bin fast geplatzt vor Stolz.
Nachdem du so ein musikalisch Umtriebiger bist, kommst du auch mal zur Ruhe?
Es gibt schon ziemlich hektische Zeiten. Daher war eine plötzliche, tiefe Erkenntnis, dass ich eigentlich auch gern meine Ruhe hab. „I möcht einfach nur da sitzen“ war dann der Titel meines zweiten Soloprogramms und gewissermaßen auch ein Familienthema, so richtig Loriot-mäßig. Immer will jemand was, und ich will natürlich auch von anderen immer etwas. Meine Oma hatte da so einen Spruch: „Du musst einfach mal eine Stunde dasitzen und blöd schaun, das ist ganz wichtig.“ Heute würde man sagen: Kreativität entsteht immer aus der Langeweile. Oder: Du brauchst manchmal einfach Ruhe.
Dein neues Soloprogramm (und damit die zweite CD) heißt „So is as Lebn“. Wie ist das Leben denn gerade so?
Gut. Ich habe einmal einen Satz gehört: „Es muss gar nichts Gutes passieren, es reicht, wenn nichts Schlechtes passiert.“ Das passt. Ich steh manchmal in der Früh auf und denk: Es tut nicht‘s weh, yeah! Die Livemusik-Szene hat sich sehr verändert seit Corona. Ich spiele auch weniger seitdem, obwohl ich natürlich weiterhin in unterschiedlichen Formationen spiele.
Wo spielst du gerade noch mit?
Nach wie vor bei „Saitentanz“. Nebenbei haben wir eine 9-köpfige Band gegründet, die „Munich Seventies Jazzrock Company“, da sind auch Klassik-Musiker vom Bayrischen Rundfunkorchester dabei. Ich spiele dort Gitarre und muss Sachen machen, von denen ich nicht mal wusste, dass sie musikalisch möglich sind. Beim Bass würde ich ein C spielen, da spiele ich sowas wie C hoch sieben/Wurzel aus drei (lacht) – wir machen ziemlich wuiden 70er Jahre Jazzrock. Mit Wolfgang Hierl spiele ich seit meiner Schulzeit in diversen Bands und wir sind jetzt seit fast 40 Jahren als „Dos Hombres“ unterwegs. Und dann gibt’s noch paar andere Projekte.
Sitzt der „Sendlinger Haferlschuh“ bequem?
Oh ja. Passt. Ich hatte Rudi Fitz, den Organisator der Münchner Friedensbühne, die den Förderpreis für Liedermacher und Musikkabarettisten auslobt, beim Tollwood getroffen. Er fragte: Seit wann machst du eigentlich ein Solo-Programm? Daraufhin hat er mich zum Wettbewerb eingeladen, und: Zack!
Was hat es mit der schrägen Youtube-Comedyserie „Lord und Schlumpfi“ auf sich?
Viele Sachen sind früher aus reinem Blödsinn entstanden. Wir haben damals aus Gaudi solche Sachen wie die „Urinal-Prostataler Tanzlmusik“ gemacht, nach dem Motto: Wir waren jung, und es gab nicht mal Geld. Peter Rixner und sein Tonstudio in Tegernsee war oft unser Mittelpunkt. Er machte gerade einen Werbefilm mit Midi-Trompeten, die so unglaublich nach „Musikantenstadl für ganz Arme“ klangen, dass jemand aus Spaß gesagt hat: „Wenn man da jetzt Heavy Metal unterlegt, ist das der Brüller.“ Ein paar Jahre später hat das irgendwer auf Youtube gestellt und die Leute sind durchgedreht. Da war also schone eine lustige Truppe als Grundlage da.
Und schließlich kam das Ganze sogar ins Kino?
„Lord und Schlumpfi“ ist, wenn ich mich richtig erinnere, aus einer Kabarettnummer aus dem Programm „Radio Rustikal“ von Tobias Öller, Andi Rinn und Chrissy Eixenberger entstanden – als eine Mischung aus bayerischer Musik-Comedy und Metal-Persiflage. Und nachdem die Idee schon mal da war, brauchte nur die Truppe wieder zusammengetrommelt werden. Und aus dem „Spaß“ wurde dann quasi „Ernst“, mit Filmförderung und allem was dazugehört.
Was ist dein nächstes Projekt?
Mein Hauptfokus ist derzeit mein Soloprogramm – neben meiner Arbeit in der Musikschule.
Du bist seit 2014 Leiter der Musikschule Tegernseer Tal. Wie motovierst du deine Schüler?
In der Pädagogik soll heute alles lustig sein und Spaß machen, aber das ist leider nicht so. Beim Musikinstrument ist auch Fleiß und Ausdauer erforderlich, wie das Üben der Tonleitern. Ich sage dann meinen Schülern: Du musst das sehen wie das Zähneputzen, das macht auch keinen Spaß und man hat nicht immer Lust, aber es gehört dazu. Ich versuche aber, sie immer dort abzuholen, wo sie sind, weil trotz allem heisst es ja „Musik spielen“ und nicht „Musik arbeiten“. Die Motivation hängt auch davon ab, was der Schüler oder die Schülerin will. Wer glücklich damit ist, ein paar Stücke auf der Steirischen oder auf der Gitarre spielen zu können, dann passt das genauso, wie wenn jemand bei „Jugend musiziert“ mitmachen oder Musik zu seinem Beruf machen will, dann müssen wir halt etwas anders arbeiten. Auch wichtig: Jeder muss das Instrument für sich finden, dass zu ihm passt.
Gibt es auch Erwachsene in der Musikschule?
Ein neuer Boom! Man kann in jedem Alter Musik machen. Die Fingerfertigkeit ist möglicherweise etwas eingeschränkt, aber wer mit 70 Jahren Akkordeon anfängt, weiß auch, dass er unter Umständen kein Konzertakkordeonist mehr wird. Manchmal sind allerdings die Erwartungen auch etwas hoch. Ein Kind macht ungerührt Fehler und wenn es gelobt wird, hat es die Motivation, weiterzuspielen. Ein Erwachsener weiß von der CD, wie es klingen muss und ist dann frustriert, wenn sich der Erfolg nicht so bald einstellt.
Welche Instrumente kann man an der Musikschule Tegernseer Tal lernen?
Prinzipiell alle gängigen Instrumente. Ein großer Fokus liegt auf der Volksmusik, die im Tegernseer Tal gottseidank hoch geschätzt wird. Wir haben derzeit für etwa 540 Schülerinnen und Schüler zwanzig top ausgebildete Musiklehrkräfte in Festanstellung. Sie müssen eine enorme Bandbreite musikalischer Fähigkeiten abdecken: von der musikalischen Früherziehung und ganz jungen Anfängern bis zu den Musiktalenten, die auf „Jugend musiziert“ vorbereitet werden.
Wie ist die Musikschule Tegernseer Tal aufgestellt?
Wir haben den enormen Vorteil, dass sie dem Zweckverband der fünf Talkommunen angehört, damit sind wir relativ gut abgesichert. Trotzdem lässt sich nicht darüber hinwegsehen, dass die Kosten für die Eltern hoch sind und die Gehälter der Musiklehrer gemessen an ihrer Qualifikation niedrig. Hier ist der Staat in der Pflicht, die Kommunen und die Musikschulen stärker zu unterstützen. In Österreich beispielsweise fällt die staatliche Förderung deutlich höher aus. Wir haben den großen Vorteil, dass unsere Gemeinden im Tegernseer Tal verstehen, dass Kultur und Bildung wichtig sind und bereit sind, darin zu investieren.
Welche Veranstaltungen plant die Musikschule für 2023?
Wir feiern heuer Jubiläum: 50 Jahre Musikschule Tegernseer Tal! Neben vielen anderen Veranstaltungen werden wir Anfang Juli „Ritter Rost und das Gespenst“ aufführen. Unser „Oberritter“ Andi Hüüs denkt diesmal das Stück von den Kindern aus, die haben super Ideen. Außerdem gestalten wir den Tag der Offenen Tür auf Schloss Ringberg musikalisch und haben ein weiteres Highlight in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Tegernsee in Planung. Mehr wird aber noch nicht verraten.
Was war je die interessanteste Schüler-Frage an dich?
Wann bin ich so gut wie du? Da musste ich allerdings ehrlich antworten: Unter Umständen nie, beziehungsweise das kommt drauf an, wieviel du übst. Ich habe mal ausgerechnet, wieviel ich über die Jahre geübt habe, da kommen so zwischen 12.000 und 15.000 Stunden zusammen. Es gab auch diese Frage: Jetzt habe ich jeden Tag eine halbe Stunde gespielt, aber der Lang Lang hört sich immer noch anders an, warum?
Gibt es ein Lieblingsplatzerl für dich im Tegernseer Tal?
Hui, da möchte ich mich nicht festlegen. Das kann ein Berggipfel sein oder die Sicht auf den See von Kaltenbrunn aus, mit meinem Kontrabass in der Kirche St. Quirinus in Tegernsee, ein ruhiger Platz in einem gastronomischen Betrieb hinter einer Halben Tegernseer, sogar mein Bürostuhl in der Musikschule … je nachdem. Ich habe das große Glück, dass ständig irgendetwas anderes passiert, wovon ich vieles gern mache.
Dein Motto?
Gib immer alles, was du kannst! Denn „das tut’s schon“ ist der Tod der Kultur, oder sowas wie: „für Miesbach langt’s“. Wir haben uns immer nach oben orientiert. Das möchte ich auch in der Musikschule weitergeben.