Andreas Götschl
Ballooning Tegernsee – über allen Alpengipfeln
Er hat einen der schönsten Jobs, die man sich vorstellen kann und blinzelt zufrieden in die Wintersonne, während er den Gasbrenner betätigt, um den Heißluftgiganten in die Höhe zu bringen: Ballonpilot Andi Götschl, Inhaber von Ballooning Tegernsee. Vor prächtig verschneiter Bergkulisse hoch über dem Tegernsee schwebend sprechen wir mit ihm über fantastische Aussichten, tollkühne Aktionen, das große Abenteuer „Alpenüberquerung“ und die Tegernseer Tal Montgolfiade. „Glück ab und gut Land!“ heißt der Gruß der Ballonfahrer. Auf geht’s…
Steckbrief:
Name: Andreas „Andi“ Götschl
Geburtstag: 11.06.1984
Geburtsort: Tegernsee
Wohnort: Rottach-Egern
Worum geht’s? Ballonsport und Tegernseer Tal Montgolfiade
Warum heißt es – ganz wichtiger Unterschied(!) – Ballon fahren und nicht Ballon fliegen?
Grundsätzlich ist die Luft in der Hülle so leicht, dass wir als Gesamtpaket leichter sind als die Luft um uns herum. Der Ballon braucht darum auch keine Flügel – und deshalb fliegen wir nicht. Aus dem Grund sagt man nicht fliegen, sondern fahren.
Und darum gilt es auch in der Ballonfahrerszene als schwerer Fauxpas, wenn man „fliegen“ sagt?
Autsch! Das kostet eine Flasche – zur Strafe! (lacht) Das ist allerdings nur im deutschsprachigen Raum so. Auf Englisch heißt es beispielsweise „balloonride“.
Wie bist du zum Ballonfahren gekommen?
Dort unten am Startplatz stehen die beiden Schuldigen. Mein Papa ist der beste Freund vom Michi Unger und der hat vor dreißig Jahren schon mit dem Ballonfahren am Tegernsee angefangen. Da war ich als Kind schon dabei und 2013 habe ich meine Pilotenausbildung begonnen. Dazu gehört jede Menge Theorie wie Meteorologie, Luftrecht, Navigation, Flugfunk und vieles mehr. Bei der praktischen Ausbildung ist es in etwa wie in der Fahrschule mit dem Auto. Um gewerblich Ballone in allen Größenklassen zu fahren, muss man mehrere hundert Stunden Erfahrung nachweisen.
Und wie wurde dein Hobby zum Beruf?
Ursprünglich habe ich mal Konditor gelernt, habe aber in meinem Leben schon mehrere Berufe ausgeübt. Zuletzt war ich 15 Jahre in der Sportmarkt-Branche, mein Onkel ist der Inhaber von Sport Schlichtner in Rottach-Egern. Währenddessen gab es schon einen fließenden Übergang. Am Wochenende war ich oft mit dem Ballon unterwegs und am Montag habe ich wieder im Sportgeschäft gearbeitet. Mittlerweile habe ich die Firma Ballooning Tegernsee von Michi Unger übernommen und mache das hauptberuflich.
Warum ist es so besonders, am Tegernsee mit dem Heißluftballon zu fahren?
Ja mei … (zeigt hinunter auf See und rundum auf die Berge) Der Tegernsee ist generell besonders, einer der schönsten Orte überhaupt auf der Welt! Und das dann alles aus der Luft zu sehen, ist das Allerschönste. Zugleich ist der Tegernsee auch eine Herausforderung: Anders als im Flachland kann man mit dem Ballon nicht in jede Richtung fahren und vor allem nicht überall landen. In drei Himmelsrichtungen gibt es nichts als Berge und schmale Täler. Aber wir haben meist Südwind, sodass wir am Tegernsee starten und dann direkt über den See in Richtung Alpenvorland fahren können.
Dann kommt als nächste Frage natürlich: Wie kann man die Richtung des Ballons steuern?
Eben gar nicht! Man kann die Fahrtrichtung immer nur über die Höhe regulieren, weil in unterschiedlichen Höhen unterschiedliche Windrichtungen herrschen. Lenken im herkömmlichen Sinne kann man einen Ballon nicht. Deshalb wird schon der Startplatz passend zur Windrichtung ausgewählt und dann die Fahrtrichtung über die unterschiedlichen Höhen gesteuert.
Bei der sogenannten Fuchsjagd zur Montgolfiade kommt es aber auf die Zielsicherheit an. Wie geht das dann?
Ein Ballonfahrer fährt vor, das ist der Fuchs. Dort, wo er landet, legt er sein Kreuz aus und die anderen müssen möglichst nahe herankommen und ihren Sandsack abwerfen. Wer am nächsten trifft, ist Sieger. Man muss ein gutes Gespür haben, mit welcher Höhe man in welche Richtung fährt, um den Kurs zu halten, den man anpeilt. Normalerweise wird Ballonfahren zum Genuss betrieben. Die Fuchsjagd ist ein kleiner Wettbewerb, bei dem das technische Können gemessen wird.
Was ist das Besondere an der Tegernseer Tal Montgolfiade? … die übrigens in diesem Jahr bereits zum 24. Mal stattfindet.
Im Winter ist die Luft sehr klar und dadurch die Sichtweite extrem gut. Wenn das Wetter passt, ist der Winter aus technischer Sicht die beste Zeit zum Ballonfahren, weil es keine störende Thermik gibt und der Ballon in der kalten Luft mehr Tragkraft und auch weniger Gasverbrauch hat. Zudem ist es unglaublich schön, wenn man bis zum Chiemsee und zur Zugspitze, bis nach München und vor allem bis zum verschneiten Alpenhauptkamm sehen kann.
Wann ist perfektes Ballonwetter?
Prinzipiell kann man sagen: Schönes Wetter, klare Luft, wenig Wind am Start- und Landeplatz. Manchmal ist hier das Wetter wunderschön und wir können trotzdem nicht starten, weil dort, wo uns die Fahrt hinbringen würde, das Wetter nicht passt. Denn beim Landen müssen wir auf Sicht fahren, das geht beispielsweise nicht bei Nebel. In einem guten Jahr haben wir um die 100 Ballonstarts. Das können schon mal 20 im Monat sein, aber es gibt auch Monate, da klappt es nur an drei Tagen – Ballonfahren ist stark wetterabhängig.
Was war dein bisher größtes Abenteuer?
Unsere größten Abenteuer sind generell die Alpenüberquerungen. Es ist etwas derart Besonderes, in 5.000 Metern Höhe nur mit der Kraft der Natur über die Alpen bis nach Italien zu schweben – ein Erlebnis, das nicht viele Menschen mehrmals im Leben haben. Und da bin ich schon sehr dankbar dafür.
Was sind die Herausforderungen bei der Alpenüberquerung im Heißluftballon?
Wenn wir bei unserem täglichen Wettercheck eine passende Wetterlage entdecken, benachrichtigen wir etwa 2 bis 3 Tage vor einem Start unsere Gäste und stellen eine Crew zusammen. Wir müssen einen Flugplan einreichen, der wird von der Flugsicherheit gecheckt und freigegeben. Dann brauchen wir einiges an Spezialausrüstung, wie Sauerstoff und einen Transponder, damit wir auf dem Radar sichtbar sind. Über den Alpen haben wir Geschwindigkeiten um die 70, 80 bis über 100 Stundenkilometer und brauchen genügend Abstand zu den Gipfeln, unter denen ja einige knapp 4.000 Meter hoch sind. Da liegt unsere Fahrthöhe sogar über 5.000 Meter. Weil es dafür ganz spezielle Wetterbedingungen braucht, klappt das nur etwa drei, vier Mal im Jahr. Wir sind dann in der Luft etwa vier bis fünf Stunden unterwegs – und schneller in Italien als unser Rückholteam.
Ihr seid auch für besonders tollkühne Abenteuer bekannt, Stichwort „Slackline“…
Wir haben eine Challenge von „Was kann der Mensch? Die Hirschhausen-Show“ angenommen und eine Slackline zwischen zwei fahrende, freischwebende Ballone gespannt. Zuvor hatten wir das mit Slackliner Quirin Herterich aus Altenau schon einmal gemacht – als Erstbegehung mit zwei Ballonen, die an Seilen in der Höhe fixiert waren. Er hat einen Weltrekord in einer Höhe von 80 Metern auf 100 Meter Länge aufgestellt. Noch kein anderer Slackliner vor ihm ist so eine weite Strecke zwischen zwei Heißluftballonen gelaufen, von Spitze zu Spitze. Jedoch beim nächsten Mal freischwebend mit beiden Ballonen gleichmäßig die Höhe zu halten bei einer Fahrgeschwindigkeit von 20 bis 30 Stundenkilometern, das war eine neue Herausforderung für uns. Für den Slackliner war es aber sicher eine noch viel größere Herausforderung.
Und dann war da noch die Sache mit dem „Ballon Surfing“…
Da haben wir einen Surfer mit dem Ballon über den See gezogen und dabei den Südwind genutzt. Der Surfer hing an einer 200 Meter langen Leine. Direkt über dem Tegernsee haben wir eine Geschwindigkeit von bis zu 15 Knoten, also knappe 30 Kilometer pro Stunde, das ist in etwa das Tempo vom Wasserskilift.
Vor allem aber kann man bei euch eine Passagierfahrt buchen. Worauf muss man sich einstellen – und wie läuft die Ballonfahrt ab?
Grundsätzlich vereinbaren wir einen Termin und brauchen günstiges Ballonwetter. Wir treffen uns am Startplatz und bauen gemeinsam den Ballon auf. Da helfen die Passagiere mit, man kann alles mal anfassen und spüren, wie es sich anfühlt. Das dauert etwa 30 Minuten, dann geht‘s in die Luft und die Aussicht genießen – etwa anderthalb Stunden. Nach der Landung gibt es eine Ballontaufe mit Champagner. Der Brauch kommt daher: Früher war Ballonfahren nur Adeligen gestattet, also werden heute die Passagiere nach der Fahrt mit der Taufe in den Adelsstand der Ballonfahrer erhoben. Den langen Adelstitel den muss man sich natürlich merken und auf Nachfrage auswendig wissen, sonst kostet es eine Flasche.
Also wenn man den Taufnamen vergisst oder „fliegen“ statt „fahren“ sagt, passiert … was genau?
Es kostet eigentlich immer alles eine Flasche, wenn man dabei ertappt wird! (lacht) Schampus natürlich.
Wer bucht bei euch eine Ballonfahrt?
Das ist ganz gemischt. Von den Einheimischen war fast schon jeder mal mit uns in der Luft, weil es so schön ist, die Heimat von oben zu sehen. Dann haben wir viele Urlaubsgäste, auch Firmenausflüge werden gebucht und so mancher Heiratsantrag an Bord gemacht. Auch vom Alter ist alles dabei. Es ist ein tolles Erlebnis für jeden, egal, ob man sich das selbst leistet, geschenkt bekommt oder weiter verschenkt. Wir sagen immer: Eine Ballonfahrt ist ein himmlisches Geschenk.
Gehört Ballonfahren zu den sicheren Freizeitsportarten?
Auf jeden Fall! Um genau zu sein: zu den sichersten Fortbewegungsmitteln in der Luft. Das kann sich jeder trauen.
Ballonfahren gehört zu den Natursportarten. Was genau ist der sportliche Part? Man fährt doch eigentlich bloß und schaut …
Das Sportlichste ist tatsächlich das Aus- und Einpacken des Ballons, des Korbs und ganzen Equipments. Und für den Piloten ist Ballonfahren auf jeden Fall ein Denksport. Man muss schon sehr konzentriert sein und viele Parameter gleichzeitig berücksichtigen. Es gibt keine andere Sportart, bei der man so sehr mit dem Wetter arbeiten muss. Wetterwissen ist sogar der wichtigste Teil der Pilotenausbildung. Und die Passagiere müssen zumindest so sportlich sein, dass sie in den Korb hineinklettern können. Aber mittlerweile ist auch das keine Hürde mehr, wir haben sogar einen Ballonkorb mit Tür.
Der ist zur Jubiläums-Montgolfiade 2020 eingeweiht worden und war damals der zweite behindertengerechte Heißluftballon in Deutschland überhaupt …
In diesem Ballonkorb können bis zu zwölf Passagiere mitfahren. Aber das Besondere ist der rollstuhlfahrergerechte Sitz, der auch hoch genug ist, dass man sitzend über den Korbrand hinausschauen kann. Christine Göttfried aus Kreuth hat ihn eingeweiht und hatte jede Menge Spaß dabei. Stell dir vor, du bist immer an den Rollstuhl gefesselt und auf einmal kannst du Heißluftballon fahren und siehst die Welt von oben…
Wie viele Ballone gehören zu der Flotte von Tegernsee Ballooning?
Wir haben aktuell sechs Ballonhüllen, vier davon mit dem Design vom Herzoglichen Bräustüberl Tegernsee – das sind die Ballone mit dem legendären Buzi. Dann gibt es den Ballon von der Urlaubsregion DER TEGERNSEE und einen Ballon von Hotel Bachmair Weißach. Wir sind sehr froh, Ballone mit regionalen Partnern zu haben, die das Tegernseer Tal perfekt repräsentieren. Sie sind unterschiedlich groß und werden für unterschiedliche Zwecke genutzt. Beim Ballonglühen zur Montgolfiade nehmen wir die kleineren, die sind auch für kleine Gruppen oder Exklusivfahrten gut geeignet. Der neue Buzi-Ballon mit 9.200 Kubikmetern ist der größte Ballon, da können bis zu 13 Passagiere mitfahren.
Um 1783 haben die Brüder Montgolfier den ersten Heißluftballon gebaut. Um 1900 begann die Luftschifffahrt. 1909 landete der erste Ballon am Tegernsee – nach 18 Stunden Fahrt und 3.000 Meter Höhe. Was hat sich seither technisch verändert?
Heißluftballonfahren war in den Anfängen gefährlich, es gab ja noch keine schwerentflammbaren Stoffe, sondern Hüllen aus Papier und Seide. Für lange Zeit sind deshalb die Piloten mit geschlossenen Gasballonen ohne Zündquelle geflogen – so einer landete 1909 am Tegernsee. Die Höhe der mit Helium- oder Wasserstoff gefüllten Ballone wurde geregelt, indem man Ballast abwarf oder Gas abließ. Bei der Heißluftballonfahrt werden heute sehr leichte, robuste und schwer entflammbare Stoffe verwendet und das Feuer wird mit Gas gemacht. Aber rein physikalisch hat sich nichts verändert: warme Luft steigt nach oben und das wird für immer so bleiben.
Gehört Ballonfahrten zu den Dingen auf der Bucket-List, also die man im Leben einmal gemacht haben muss?
Unbedingt!
Was kostet eine Ballonfahrt?
Pro Person 260 Euro.
Verrätst du deinen Lieblingsplatz im Tegernseer Tal?
Na ganz klar, in der Luft über dem Tegernsee!
Was empfiehlst du Besuchern des Tegernseer Tals?
Es gibt viele schöne Aktivitäten, aber wer mich trifft und fragt, dem sage ich natürlich: Mach eine Ballonfahrt! Die sollte jeder einmal im Leben machen. Sich mal einen Überblick von oben verschaffen, einen anderen Blick auf die Welt werfen.
Weitere Informationen und Ballonfahrten buchen auf der Webseite von Ballooning Tegernsee.