Kirche zum heiligen Kreuz Wildbad Kreuth
Schon im späten Mittelalter nutzte man das am Fuß des Hohlensteins aus 700 Metern Tiefe aufsteigende eisen- und schwefelhaltige Wasser zu Heilzwecken.
Nachdem das vom Kloster Tegernsee errichtete alte Badhaus 1627 abgebrannt war, dauerte es einige Zeit, bis Abt Bernhard Wenzl einen neuen Anfang machte: 1696 ließ er „in thermis Kreuthensibus“ ein steinernes Haus mit angebauter kleiner Kapelle errichten. Sein Nachfolger Abt Quirin Millon stockte das Badgebäude auf, vergrößerte die Kapelle erheblich und ließ auf ihren Altar eine im Kloster hoch verehrte Kreuzigungsgruppe übertragen. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass vier (scheinbar) fliegende Engel mit Kelchen das aus den Wunden des Gekreuzigten strömende Blut auffangen.
Im Sommer 1708 konnte der Abt Haus und Badeeinrichtungen einweihen und auch die Kapelle provisorisch in Gebrauch nehmen. Das ganze Bad widmete er dem gekreuzigten Heiland und den drei am Hochaltar unter dem Kreuz dargestellten Personen: der schmerzhaften Gottesmutter, dem Evangelisten Johannes und der hl. Maria Magdalena.
Eine eigenhändige Aufzeichnung Abt Quirins verrät die damit verbundene Absicht, dass „dises heylsambe Wasser durch das rosenfarbe Bluet und die Chraft deß bitteren Leiden [und] Sterben Jesu Christi wie auch durch Vorbitt gedachter und aller Heyligen Gottes zu Genesung der Khrankhen merer Khraft, Seegen und Hayl erlange und durch die Herzen Jesu und Mariae allen sothane Wasserchur sich bedienenten Khrankhen in Nammben Gotteß die gewünschte Gesundtheit mitheyle“.
Es wurde also eine theologische Verbindung zwischen dem eisenhaltig-rötlichen Wasser und dem am Kreuz vergossenen Blut Christi hergestellt. So wie dieses die Menschen von ihren Sünden erlöste, soll jenes die Kranken von ihren Gebrechen heilen - irdische Heilung und übernatürliches Heil sind eng verbunden.
Die beiden vom Abt geweihten Glocken sollten die Kranken, die sich im Bad aufhalten, zur Andacht rufen und zugleich alle Unwetter abwehren.
Die offizielle Weihe der Kapelle und ihres Altars nahm am 27. Mai 1710 der Freisinger Fürstbischof Johann Franz Eckher Freiherr von Kapfing und Liechteneck vor. Im Altar wurde dabei ein Reliquienpartikel des Bistumspatrons St. Korbinian beigesetzt - wohl ein Zeichen der besonderen Wertschätzung für Abt Quirin und sein Kloster.
Die Hl. Kreuz-Kapelle war fortan das geistliche Zentrum des Wildbades, wo sich die Kranken zu Gebet und Gottesdienst versammelten. Die Andachten galten zuvorderst dem Leiden Christi. So war es nur natürlich, dass Abt Quirin einen Splitter vom Kreuz Christi, den er 1712 mit Fürstbischof Eckher gegen eine Quirinus-Reliquie eingetauscht hatte, hierher bringen ließ. Er befindet sich bis heute an einer Seitenwand der Kapelle, gefasst in eine Nachbildung der Heiligen Lanze aus den (heute in Wien aufbewahrten) Reichskleinodien.
Auch nach dem Ende des Klosters, als König Max I. Joseph gegenüber dem alten Bad eine große moderne Kuranstalt errichten ließ, behielt die Kapelle ihre Funktion; denn für "Kurseelsorge" sollte auch nun gesorgt sein: 1824 stiftete der König den Unterhalt für einen Priester, der während der Sommermonate in der Badkapelle Gottesdienst zu halten und sich um kranke Badegäste zu kümmern hatte. (Im Winter versah er die Seelsorge in der Glashütte und hielt dort Schulunterricht für die Kinder der Gegend.)
Abseits vom Kurbetrieb lebte lange Jahre im (heute nicht mehr bestehenden) Ökonomiegebäude des Wildbades der Kiem Pauli. Die Unterstützung durch Herzog Ludwig Wilhelm ermöglichte ihm, sein Leben ganz dem Sammeln alpenländischer Lieder und der Wiederbelebung der bayerischen Volksmusik zu widmen. Zu seinem Namenstag erklang am 29. Juni 1933 in der Kapelle erstmals die Deutsche Bauernmesse von Anette Thoma.
Die Kapelle wird vom herzoglichen Haus als ein besonderes Schmuckstück gepflegt. Jeweils am ersten Sonntag im Monat ist sie um 11 Uhr (bei einer Messe) öffentlich zugänglich. Nur ein paar Meter daneben fließt das heilsame Quellwasser von Wildbad Kreuth in einem kleinen Bächlein der Weißach zu. Seit Jahren wird es nicht mehr abgefüllt und als Heilwasser vertrieben, aber jeder kann es hier für sich schöpfen.
Quelle: Erzbistum München u. Freising