Katholische Pfarrkirche St. Quirinus - Tegernseer Klosteranlage
Säkularisation
Mit der Säkularisation des alten Benediktinerklosters Tegernsee im Jahr 1803 verlor das Tegernseer Tal sein traditionsreiches Zentrum, dass mehr als tausend Jahre lang geistliches Leben, Kultur und Wirtschaft geprägt hatte. Der frühere klösterliche Besitz wurde jetzt verstaatlicht, Abt und Konvent mit Pensionen versorgt, und die ehemalige Klosterkirche zur Pfarrkirche umgewidmet. 1805 kaufte der hohe bayerische Staatsbeamte Karl Joseph Freiherr von Drechsel (1778-1838) die übrige Klosteranlage. In den folgenden Jahren liess er dann grosse Teile davon abbrechen.
Königliche Sommerresidenz im Tegernseer Tal
Der August 1815 leitete dann eine neue Ära für das Tegernseer Tal ein. 1817 kaufte König Max I. Joseph von dem Freiherrn von Drechsel die Tegernseer Klosteranlage. Weitere klösterliche Besitzungen (Gut Kaltenbrunn, der Bauer in der Au, Wildbad Kreuth, der Entenbacher Marmorbruch, Almen etc.) wurden von ihm noch dazu gekauft. Das frühere Kloster wurde nun zum königlichen Sommerschloss. Die königliche Sommerresidenz im Tegernseer Tal zog schnell prominente Besucher, Künstler und Mengen an Sommerfrischlern ins Tegernseer Tal, das sich bald zu einer der bekanntesten Landschaften Bayerns entwickelte. Der bayerische Hof trat sozusagen die Nachfolge des Klosters als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum an.
Zur Tegernseer Klosteranlage
Es war Abt Bernhard Wenzl (regierend 1673-1700), der 1678 mit der barocken Erneuerung der Tegernseer Klosteranlage damit begonnen hatte, den seit Jahrhunderten unregelmässig zusammengewachsenen Gebäudekomplex durch einen modernen Neubau zu ersetzen, durch ein übersichtlich klar gegliedertes Rechteck. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis dieses Projekt realisiert war.
Nach der Säkularisation 1803 war dann unklar, was man mit dem Klostergebäude machen sollte. Nach Meinung des Aufhebungskomissars eignete sich der ausgedehnte Komplex damals weder für eine Fabrik oder eine öffentliche Anstalt, ein Krankenhaus oder Gefängnis. Weil Karl Joseph von Drechsel, der das ehemalige Kloster 1805 erworben hatte, es nicht ganz nutzen konnte, ließ er drei Gebäudetrakte, die den großen Vorhof westlich der Kirche umschlossen, abbrechen. Damit verschwanden auch der erst 40 Jahre zuvor fertig gestellte Festsaal des Klosters und ein berühmtes Marmortreppenhaus. Dies war der bauliche Zustand als König Max I. Joseph die Anlage 1817 kaufte. Es war der Münchner Architekt Leo von Klenze, der dann den Umbau zum königlichen Sommerschoss vollzog. Für die Umgebung des Schlosses entwarf Ludwig von Schell (1750-1823), der Erbauer des Englischen Gartens in München, eine vom Rathaus bis zur Point reichende Parkanlage, von der Reste erhalten sind. Das Areal westlich des Schlosses trägt wegen der Form eines früheren Blumenbeetes bis heute den Namen „Schmetterlingsgarten“.
Katholische Pfarrkirche St. Quirinus
Die heutige katholische Pfarrkirche St. Quirinus ist die frühere Klosterkirche der Benediktinerabtei Tegernsee. Dieses spätgotische Bauwerk, dass aus dem 15. Jahrhundert stammt, in das aber auch ältere Bauteile Eingang gefunden hatten, ist heute im Besitz der Pfarrkirchenstiftung Tegernsee. Zu ihrer Erhaltung verpflichtet ist jedoch der bayerische Staat.
Es war der bereits erwähnte Abt Bernhard Wenzel, der die Klosterkirche seit dem Ende des 17. Jahrhunderts, durch oberitalienische Künstler in den frühbarocken Stil umbauen liess. Die Altaraufbauten, die Säulen der Eingangshalle und die Fußböden sind größtenteils aus Tegernseer Marmor gefertigt. 1746 wurden den Seitenschiffen noch zwei Rokoko Kapellen zu Ehren des Kirchenpatrons Quirinus und des Ordensvaters Benedikt angefügt.
1803 erhielt die bisherige Klosterkirche ihre neue Funktion. Anstelle der abgebrochenen Pfarrkirche St. Johann Baptist wurde sie jetzt zur katholischen Pfarrkirche von Tegernsee. Von 1818 bis 1824 liess König Max I. Joseph die Fassade der Kirche in den klassizistischem Stil verändern. Damals erhielten die Türme ihr heutiges Aussehen. Anlässlich der Einrichtung einer Hofküche wurde die Kirche 1824 dann tiefgreifend umgestaltet, unter Leitung des königlichen Galeriedirektors Johann Georg von Dillis (1759-1841). König Max I. fühlte sich der Tegernseer Pfarrkirche zeitlebens eng verbunden. An den Wänden der Vorhalle wurden vier marmorne Gedenktafeln angebracht, die an mit ihm verbundene bedeutsame Ereignisse erinnern.
Die Katholische Pfarrkirche St. Quirinus von innen
In der früheren Klosterkirche begegnet man dem alten Klosterwappen der Benediktinerabtei Tegernsee an mehreren Stellen. Die überlieferten Zeugnisse stammen aus dem 15. Jahrhundert und stehen in Zusammenhang mit dem Grabmal, dass hier für die beiden Gründer des Klosters im Altarraum errichtet wurde. Von 1998 bis 2004 erfolgte zuletzt eine umfassende Innenrenovierung und Neugestaltung des Altarraums.
Das Klosterwappen am Grabmal der Klostergründer Adalbert und Oatkar
Die Forschungen zur Entstehung des Klosters Tegernsee sind immer noch im Gange. Tatsächlich sind die Knochen der beiden Klostergründer Adalbert und Oatkar bis heute erhalten. Sie liegen in einem Sarkopharg unter dem Altar der Tegernseer Kirche.
Als er vor 15 Jahren saniert wurde, nutzte man die Gelegenheit zur pathologischen Untersuchung der Skelette.
Gesichert ist, dass Adalbert und Oatkar im 8. Jahrhundert gelebt haben, Adalbert 30 Jahre lang Abt war und wohl zwischen 790 und 800 gestorben ist. Den pathologischen Untersuchungen des Wissenschaftlers Andreas Nerlich zufolge waren Adalbert und Otkar 1,85 bzw. 1,87 Meter groß und Adalbert war acht Jahre älter als Oatkar. Das Lebensalter der beiden Brüder konnte Nerlich ebenfalls bestimmen und aufgrund der Quellenlage zu Adalberts Tod konnte er das Geburtsjahr ausrechnen: Der ältere Bruder wurde um 740 geboren. Doch der Pathologe fand auch Hinweise auf ihre Herkunft. Signaturen in den Zähnen und Knochen zeigen grossen Fischkonsum aus dem Meer an. Nerlich zufolge weisen die Art der verzehrten Meeresfische und auch andere Indikatoren der Ernährung auf die Bretagne als Herkunftsort hin.
Es war der Münchener Bildhauer Hans Haldner, der Mitte des 15. Jahrhunderts im Auftrag des Tegernseer Abtes Kaspar Ayndorffer ein neues Hochgrab für die Klosterstifter Adalbert und Oatkar mitten in der Kirche schuf, wohl aus Anlass der 700-Jahrfeier des Klosters 1446. Auf dem Relief der Deckplatte präsentierte er die beiden Brüder unter einer Baldachinarchitektur, zeigte wie sie gemeinsam eine Kirche als Symbol ihrer Stiftung in den Händen halten. Als die Kirche Ende des 17. Jahrhunderts barockisiert wurde, brach man einige Teile des von ihm geschaffenen Hochgrabes ab. Die Deckplatte wurde neu gerahmt (datiert 1690) und über das Eingangsportal der Kirche gesetzt.
Blickt man auf das von Hans Haldner im 15. Jahrhundert geschaffene Grabmal für die beiden Stifter sieht man auf der vorderen, dem Betrachter zugewandten Grabplatte, die der Tegernseer Abt Kaspar Ayndorffer 1441 in Auftrag gegeben hatte, hier noch heute das alte Tegernseer Klosterwappen prangen. Auf dieser Steinplatte sieht man 4 Schilder. Auf dem ersten und vierten erblickt man die zwei ineinander verschlungenen Seeblätter, auf dem dritten und vierten die drei Kronen.
Doch es gibt noch zwei weitere alte Steinplatten in der Kirche, auf denen das Klosterwappen in gleicher Weise abgebildet ist. Diese beiden Steinplatten hängen an zwei unterschiedlichen Seitenwänden. Vermutet wird, dass diese beiden Platten, sich möglicherweise einstmals an den beiden Seiten eines früheren Sarges der beiden Klosterstifter befunden haben.
Zur Entstehung des Klosterwappens
Das Seeblattwappen
Wie bereits erwähnt, gelten die zwei ineinander verschlungenen Seerosenblätter über wogenden Wellen als ältestes heraldisches Zeichen der weltberühmten Benediktinerabtei Tegernsee.
Das Tegernseer Seeblattwappen taucht zuerst in den Siegeln der Äbte von Tegernsee auf. Zum ersten Mal 1348 auf dem Siegel von Abt Kaspar Hauzendorfer: Unter der Figur des auf einer Thronbank sitzenden Abtes sieht man ein Schild mit dem Seeblattwappen. Dieser Brauch wird unter den nachfolgenden Äbten beibehalten. Seit 1395 erscheinen die beiden Seeblätter dann auch im Abteiwappen des Benediktinerklosters Tegernsee, zuerst unter dem Abt Oswald Torer (Abt: 1893-1414) Die Farbe des Schildes, auf dem die beiden grünen Seeblätter stehen, wird fortan meist weiss gehalten.
Das Kronenwappen
Zu diesem Seeblatt-Klosterwappen tritt unter dem schon erwähnten Kaspar Ayndorffer im 15. Jahrhundert ein zweites Wappen hinzu: 3 goldene Kronen (auf blauem Grund). Ayndorffer liess dieses Kronenwappen nicht nur in seinem Siegel neben das Seeblattwappen an zweiter Stelle anbringen. Er, der aus Anlass der 700-Jahrfeier des Klosters 1446 ein Hochgrab für die beiden Gründer mitten in der Kirche errichten ließ, war auch derjenige, der auf dessen Wappenstein das Kronenwappen jetzt neben das Seeblatt-Wappen stellen ließ.
Im Zusammenhang mit Tegernsee beziehen sich die drei Kronen sehr wahrscheinlich auf die hochadligen Gründer Adalbert und Oatkar und den Stiftspatron St. Quirinus. Seit dem 12. Jahrhundert wurde der Klosterpatron Quirinus als König dargestellt, indem man ihn zum Sohn des Philippus Arabs, des ersten christlichen Kaisers erklärte. Da man 1157 in Tegernsee auch von einer königlichen Abkunft der beiden Gründer Oatkat und Adalbert sprach, sind die drei Kronen, das zweite Wappen, möglicherweise der bildhafte Ausdruck der dreifachen königliche Abkunft.
Vereinigung des Seeblattwappens und des Kronenwappens in einem geviertelten Schild.
Unter Abt Quirin Regler (1492-1500) werden beide Wappen dann Ende des 15. Jahrhunderts in einem gevierteten Schild vereinigt, wobei mal das Seeblattwappen mal das Kronenwappen an erster Stelle steht. Im 18. Jahrhundert sind dann seit Abt Petrus Guthrather (Regentzeit als Abt: 1715 -1725) die beiden Wappen in einem geteilten Schild dargestellt, oben die Kronen, unten die Seeblätter. Unter den letzten Äbten erscheinen beide Wappen dann auch in einem blau-weiß geteilten Schild: oben die Kronen, unten die Seeblätter.